Warum wir auch in Freundschaften nach den Richtigen suchen sollten
Die „Fünf Sprachen der Liebe“ werden immer mehr Menschen bekannt. Viele Paare setzen sich damit auseinander und damit, wie sie aufeinander eingehen können. Manchen ist zum Beispiel besonders wichtig, gemeinsam Zeit zu verbringen, und wünschen sich einmal die Woche ein Date, bei dem man sich ganz dem Partner widmet. Zu der Art Menschen gehöre ich. Andere legen viel Wert auf gegenseitige Unterstützung. Sie lieben es, gemeinsam etwas im Haushalt zu machen oder gemeinsam Projekte umzusetzen. Manche freuen sich über Geschenke und wenn sich ihr Partner Gedanken über ihren Geburtstag macht (auch ich). Manche drücken ihre Liebe in Form von Kuscheln und Zärtlichkeit am liebsten aus. Und manchen ist es besonders wichtig, dem Partner zu sagen, wenn er etwas toll findet, das dieser macht, und wenn sie hören, wenn der Partner etwas toll findet.
In einer gesunden Beziehung reden wir viel darüber, was uns wichtig ist und wie wir uns mit bestimmten Verhaltensweisen fühlen. Wir geben uns Mühe und arbeiten an einem authentischen und liebevollen Miteinander. Doch auch in Freundschaften ist das wichtig. Allerdings achten wir hier deutlich weniger darauf. Auch hier gibt es Missverständnisse oder unausgesprochene Wünsche, Grenzen, die wir setzen müssen und Verhaltensweisen, mit denen wir uns besonders wohl fühlen. Auch hier drücken wir unsere Zuneigung auf unterschiedliche Weise aus. 

Ich habe immer nach jemandem gesucht

Vielleicht ist das der Grund, warum wir mehrere Freunde haben. Ich habe immer sehr viele Freunde und Bekannte gehabt. Und habe mir immer eine wirklich enge Freundschaft gewünscht. Eine, in der wir uns mindestens einmal die Woche treffen, in der wir uns von allem, was in unserem Leben passiert, erzählen, und bei der wir immer voneinander wissen, was gerade passiert. Eine, in der wir uns nachts anrufen können, wenn wir jemanden zum reden brauchen und bei der es selbstverständlich ist, dass wir zusammen in den Urlaub fahren. Zugegeben, ich hätte mehr an meinen bestehenden Freundschaften arbeiten können, statt mir immer neue Leute zu suchen, in der Hoffnung, dass diese mir diesen Wunsch erfüllen. Zugegeben, ich habe mir nicht die Mühe gemacht, an bestehenden Freundschaften wirklich zu arbeiten, weil ich Angst hatte, zurückgewiesen zu werden. Weil ich Angst hatte, nicht als die Person, die ich bin, gesehen zu werden. Tatsächlich war diese Annahme in manchen Fällen sicher nicht falsch. Die eine enge Freundschaft, die der Beschreibung entsprach, endete damit, dass sie anfing, mir regelmäßig zu sagen, wer von ihren Freunden mich nicht mochte und wie unbeliebt ich sei.

Wenn ich mich verändere, verändert sich mein Umfeld

Ein Freundeskreis in meinem Umfeld stellte lange Zeit ebenfalls für mich dieses Ideal dar. Ich habe immer wieder mal die wunderbare Gruppendynamik mitbekommen, indem ich bei Dingen, die diese Freunde unternommen haben, dabei sein durfte. Sie sind sich alle unheimlich wichtig, sie sind gleichermaßen verbindlich, wie offen und jeder aus der Gruppe hat eine eigene, bedeutende Rolle. Doch genau das ist auf der anderen Seite das Problem. Möchte nun jemand aus dieser seit Jahren zugeschriebenen Rolle raus, verändert nicht nur er sich, sondern die gesamte Gruppe. Und das kann es schwierig machen, zu wachsen.
Ich erinnere mich an einen Urlaub letztes Jahr mit einer Gruppe Freundinnen, mit der ich früher sehr viel unternommen habe und heute noch immer ab und zu. Ich erinnere mich daran, wie viel Energie es mich gekostet hat, mir selbst klar zu machen, dass ich nicht mehr diese Rolle von damals habe. Meinen Freundinnen zu zeigen, dass sie nicht mehr regelmäßig nach mir gucken müssen, wenn ich eine Weile etwas ruhiger bin, ob es mir wieder schlechter geht. Und dieses „klar machen“ besteht nicht nur darin, ihnen zu sagen, dass sie nicht nach mir gucken müssen. Es besteht darin, mich daran zu erinnern, dass es mir tatsächlich gut geht, statt in alte Gewohnheiten zu rutschen. Es besteht darin, nicht nur gegenüber einer Person Grenzen zu setzen, sondern gegenüber fünf auf einmal. Es besteht darin, wahrzunehmen, dass die kleine Bemerkung, die nicht böse gemeint war, mich trotzdem verletzt, weil ich mich nicht gesehen fühle, wie ich jetzt bin. Es besteht darin, zu merken, dass ich mich plötzlich mit der einen viel besser verstehe, als mit einer, mit der ich mich bisher eigentlich gut verstanden habe.
Und genau diese Freiheit habe ich umso mehr, je mehr Freundeskreise ich habe. Jemand meinte zu mir, dass sie verschiedene Freunde für verschiedene Bereiche hat. Und ebenso wie ein Partner nicht alle Bedürfnisse erfüllen kann, kann nicht eine Freundschaft alle Bedürfnisse erfüllen. Das fängt damit an, dass wir verschiedene Sprachen der Liebe sprechen und uns darüber in Freundschaften nicht aufklären. Wir uns also  oft nicht so geliebt fühlen, von der Person, mit der wir vielleicht am meisten Spaß haben, wie von einer anderen, mit der es vielleicht etwas langweilig ist.

Die Freiheit, meinen Weg zu gehen

Ich wusste oft nicht, wer ich wirklich bin. Ich bin heute nicht mehr die, die ich vor einem Jahr war. Und als die Stürme, die ich in mir austrug, endlich ruhiger wurden und ich anfangen konnte, zu schwimmen, wurde mir schnell klar, dass nicht alle diese Veränderung mitgehen werden. Nicht jeder wird diese Veränderung verstehen. Denn wenn ich wachse, bedingt das, dass die Menschen um mich mitwachsen oder nicht mehr zu mir passen. In diesem Moment war ich sehr froh, nicht auf einzelne Freundschaften angewiesen zu sein. Zu wissen, wie ich Menschen finde, die zu mir passen. Die mich dabei unterstützen, meinen Weg zu gehen. Und diese, die nicht bereit waren, weil sie noch nicht so weit waren, loszulassen. Ich weiß nun, wer wirklich zu mir passt. Und das sind viele. Und alle davon sind wichtig. Die alten und die neuen.

Alte und neue Freunde

Ich habe jemanden kennengelernt, die nicht nur meine vergangenen Erfahrungen, sondern ganz besonders das, was ich jetzt erlebe, versteht. Jemanden, die auf eine ähnliche Weise an sich arbeitet und dies auf eine ähnliche Weise ausdrückt wie ich. Ich habe eine Freundin, eine Freundin, die mich schon ewig kennt und immer ehrlich zu mir ist. Auch wenn ich es nicht hören will. Umso schöner, wenn sie genau das sagt, was ich hören will. Einen Freund, mit dem ich ehrlich reden kann und der mich zum Lachen bringt. Einen Freund, der ganze andere Ansichten wie ich hat und mich immer bei meinen Ideen unterstützt. Eine Freundin, die mich beruflich und bei meinen Projekten weiterbringt. Eine, mit der ich ebenso gut schweigen, wie wichtige Gespräche führen kann. Eine, die mich unterstützt, inspiriert und sieht, wie ich bin. Ich habe jemanden kennengelernt, die meine vergangenen Erfahrungen und ganz besonders das, was ich jetzt erlebe, versteht. Und jemanden, die auf eine ähnliche Weise an sich arbeitet und dies auf eine ähnliche Weise ausdrückt wie ich.
So viele fantastische Menschen, die bei mir geblieben sind oder neu dazu gekommen sind. So viele fantastische Menschen, bei denen ich endlich den Mut habe, zu fragen, ob sie mit mir an der Freundschaft arbeiten möchten.

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